Zero SR

Musste am Freitag vor Pfingsten nach Sachsen. Anstelle schnellst möglichst nach Hause zu fahren, habe ich jedoch beschlossen, aus der Situation das beste zu machen und etwas Verrücktes zu tun.

Habe mir übers Wochenende eine Zero SR geliehen. Um damit durch Erzgebirge zu fahren. Das ist ein reines Elektromotorrad. Kein Tank. Kein Verbrennungsmotor. Kein Auspuff. Dafür ein klobiger Akku.


Das Fahren ist super einfach. Aufsteigen und los geht’s. Die Eingewöhnungszeit ist extrem kurz. Nach den ersten paar Kilometern ein kurzer Stopp.

Von der e-Schalbe bin ich nach wenigen Minuten abgestiegen und wollte nie wieder elektrisch fahren. Von der Zero steigt man nicht so gerne ab. Auch wenn die Sitzbank etwas hart ist, ist das fahren ein wunderbares Gefühl. Es fühlt sich so an, wie die Werbevideos des Herstellers aussehen. Dabei ist die SR nicht wirklich ein gutes Motorrad. Die Beschleunigung und Dynamik ist mehr als Ausreichend. Das geringe Gewicht spricht auch für sie. Das Fahrwerk war manchmal aber Ziemlich grenzwertig. An einer Gemieteten Maschine stellt man natürlich nicht die Federung ein. In manchen Kurven habe ich aber Angst bekommen. Es war eine Art leichtes Hoppeln beider Räder zu spüren. Bei meinem Motorrad wäre das die allerletzte Warnung vor dem Abflug. Wenn man eine Kurve falsch anfährt, ist ein nachkorrigieren ziemlich schwer. Ich weiß nicht so genau woran es lag. Der Seitenständer ist auch Gewöhnungsbedürftig.

Am ersten Tag ging es gemütlich durch das Zwickauer Land. Die SR fährt Putzmunter Bergauf und Bergab. Ein beherztes am Griff drehen, lässt die Kapazität aber mal eben um zwei Prozent fallen. Habe dann noch einen Abstecher ins Randerzgebirge gemacht.

Der Zug fährt mit einer Körting Saugluftbremse. Dieses System habe ich noch nirgendwo anders in Betrieb gesehen.

Nach rund Hundert Kilometern war der Akku bei 20 Prozent

Am zweiten Tag habe ich die größte Tour gemacht. 130 km waren geplant. Zuerst ging es ins Vogtland. Oelsnitz, Adorf, Klingenthal, Mühlleiten. Damit war schon einmal die Gebirgstauglichkeit bewiesen. In Morgenröthe-Rautenkranz gab es dann einen Zwischenstopp an der Deutschen Raumfahrtausstellung.

Sorry. Musste die Maschine einfach vor dem Jet fotografieren. Dann ging es weiter über Schönheide, Sosa nach Schwarzenberg. Immer mit einem Ängstlichen blick auf die Ladeanzeige. Habe die Ladesäule aber einfach nicht gefunden. Zwei Nette Damen vom Museum im Schloss, haben mir dann aber Glücklicherweise weiter geholfen.

Tja, und da stand sie dann. ???

Wie kommt man da ran? Über die andere Seite. Dort befand sich ein offenes Tor.

Während des Ladens wollte ich etwas essen gehen. Das einzige Restaurant hatte geschlossen. Der Biergarten war auch zu. Super. Aufs Volksfest wollte ich mit den Klamotten nicht gehen. So habe ich schon recht schnell die Geduld verloren und bin nach Aue weitergefahren. Auch hier war die Suche nach einer Zapfsäule schwierig. Die Dinger sind einfach zu klein. Eine Tankstelle ist riesengroß, die sieht man sofort. Die Suche nach Elektroladestellen ist gefährlich. Es kann nämlich passieren das man vor Lauter suchen die Verkehrszeichen nicht so genau beachtet. Beim Mercedesautohaus bin ich dann fündig geworden.

Während des Ladens, ging es in aller ruhe essen. Ja, das Restaurant hatte auf und ich konnte sogar draußen Sitzen.

Nur leider war das Essen nicht so berauschend. Dafür konnte man vielen Vögeln beim Füttern ihrer Küken zuschauen.

Nach einer ausgedehnten Mahlzeit und etwas Entspannung, sollte es weiter gehen. Leider war der Akku kaum geladen. 19 Prozent und geschätzte 15 Stunden Restladezeit.

Macht nichts. Das Display zeigt noch 60 km Restreichweite. 30 sind es noch. Also munter los. Die letzten Kilometer habe ich so geplant, das es nur noch Bergab geht. Im Wald schaltet die Anzeige von 12 auf 11 Prozent um. Auf einmal wird die Leistung extrem gedrosselt. Auf der Geraden gehen noch gerade einmal 45km/h. Restreichweite 40km. Es wird immer schlimmer. Dann kommt ein Berg mit dreizehn Prozent Gefälle. In der Ladeanzeige ist von der Rekupation aber nichts zu Merken. Die Energie verpufft einfach. Am letzten Berg, zwei Kilometer nach der Drosselung, fällt der Ladezustand zuerst auf 8 Prozent und dann sofort auf 0.

Der Motor ist direkt mit dem Hinterrad gekoppelt. Beim Schieben ist das ein schöner zusätzlicher Widerstand zum Gewicht. Ich hasse dieses Motorrad, ich hasse E-Mobilität und ich mag den Berg nicht. Aber es hilft alles nichts. Nach meiner Erfahrung mit der Ladesäule, wage ich es nicht einen Anwohner nach Strom zu fragen. Wie sich später herausstellt, dauert es wirklich lange bis der Akku wieder fahrbereit ist.

Jetzt ist schieben angesagt. Der Schweiß läuft in Strömen. Aber ich schaffe es. Auch auf der letzten Abfahrt wird die Batterie nicht wirklich geladen.

Endlich am Ziel wird sofort angesteckt. Die Geschätzte Ladezeit beträgt zuerst 11 Stunden. Später dann 17 Stunden. Mit der Zeit sinkt sie wieder, so das nach ca. 8 Stunden, der Akku wieder voll ist.

Am nächsten Tag habe ich es trotzdem wieder gewagt. Einen Abstecher über den Auersberg gemacht.

Und bin dann der Mulde bis nach Aue gefolgt. Mit einem kleinen Umweg über Sosa, weil die Straße gesperrt war. Nach der Rückgabe bin ich in mein Auto gestiegen und war ziemlich Zwiegespalten.

Die Beschleunigung ist einzigartig. Man hat nicht das Gefühl das dass Motorrad einen töten möchte. Es reagiert präzise auf den Fahrerwunsch. Von 0 bis 100 ist es sogar noch schneller als der aktuelle Elektro-Porsche. Das Fahrwerk ist so lala, die Bremsen OK. Die Reichweite ist begrenzt. Und das Tanken dauert sehr lange. Zudem hat Zero die Ladeelektronik oder die Zellentechnik nicht ganz im Griff. Vielleicht ist es auch nur ein Software Problem. Der Akku war 3 Jahre alt. Da würde ich noch keine größeren Probleme erwarten.

Kann man dieses Motorrad kaufen? Kann man schon, wenn man noch ein zweites Fahrzeug für längere Strecken hat. Wenn man immer viel Zeit zum Laden hat, wenn man eine Garage mit Steckdose hat und wenn man mindestens 18000 Euro übrig hat. Das Monatliche Durchschnittsgehalt liegt in Sachsen bei 3096 Euro brutto. Dann hält der Staat auch noch die Hand auf. Und eine Wohnung und etwas zu essen und etwas zum anziehen benötigt man auch noch. Da muss man schon ein echter Freak sein, um sich so ein Gefährt zu gönnen. Ich werde mir keine kaufen.