Wenn es aus Technischer Sicht einen würdigen Nachfolger für die Schwalbe gegeben hätte, hätte er ungefähr so ausgesehen:
4 Takt Einzylinder Zwangsgekühlt
9PS
9Nm Drehmoment
98kg
95Kmh Höchstgeschwindigkeit
Praktisches Helmfach
Das sind immer noch 20 kg mehr als die original Schwalbe, aber mindestens 30 weniger als die übergewichtige eSchwalbe. Mit 4 Liter Super Benzin kommt man ungefähr 180 km weit. In der Stadt. Das ist auch der Lebensraum in dem sich die Address wohl fühlt. Mit diesem Gefährt hat man keine Platzprobleme. Fast überall passt sie durch. Und selbst beim Ampelsprint schlägt sie sich nicht schlecht. Denn bevor die meisten Autofahrer den ersten Gang eingelegt haben, hat man schon einige Meter Vorsprung. Wenn dann der zweite Gang im Auto fällig ist und eine Schaltpause die Beschleunigung unterbricht, beschleunigt die Suzuki dank stufenloser Automatik, einfach konstant weiter. Aufgrund der kompakten Abmessung, gibt es auch bei der Parkplatzsuche kein Problem. Im Helmfach kann man locker einige Einkäufe unterbringen.
Auf dem Land fühlt sich die Address nur wohl, wenn nicht so viele Autos unterwegs sind und genug Platz zum überholen vorhanden ist. Denn 90km/h sind für viele Autofahrer schon eine Zumutung. Auf großen Bundesstraßen und Autobahnen kann sie zwar überleben, fühlt sich aber nicht wohl. Spätestens wenn bei Gegenwind die LKWs zum überholen ansetzen, hat man keinen sehnlicheren Wunsch als mehr Leistung.
Im Folgenden will ich einige Punkte aufzählen, und wie zufrieden ich damit war:
Beleuchtung: Mit den aktuellen Photonen-Triebwerken, die in aktuelle Autos eingebaut werden, kann der Scheinwerfer nicht mithalten. Der Frontscheinwerfer schlägt sich aber ganz wacker und die Rückleuchte und auch die Blinker sind gut zu sehen.
Federung: Auf schlechten Straßen haben die Schlaglöcher schon ganz schön durchgeschlagen. Da war man froh wenn man endlich angekommen ist. Es ist aber kein Langstreckenfahrzeug, von daher auch OK.
Räder: 14 Zoll. Ein Kompromiss zwischen Wendigkeit und Komfort. Passt auch.
Bremsen: Kein ABS. Ansonsten OK. Vorne Bremsscheibe, hinten Trommelbremse. Der Bremshebel für die hintere Bremse ist links am Lenker. Wenn man von einem Motorrad mit normaler Kupplung umsteigt muss man etwas aufpassen. Die Bremsleistung war immer ausreichend. Limitierender Faktor waren die Reifen.
Reifen: Die Original mitgelieferten Reifen sind fast schon gefährlich. Bei Nässe musste man sehr vorsichtig sein. Insbesondere beim Bremsen sind beide gerne ins Rutschen gekommen. Und dann steckt man in einem Zwiespalt. Man würde gerne Loslassen, damit sich die Räder wieder fangen können, vor einem ist aber dummerweise ein Hindernis, das dies nicht erlaubt. Es ist immer gut gegangen, aber mein nächstes Moped wird ABS haben. Aber auch bei trockener Straße sind die Räder manchmal ins Gleiten gekommen. Die Fahrweise war bei Regen den Reifen angepasst: Langsam um die Kurve und dann Vollgas um wieder auf Tempo zu kommen.
Helmfach: Obwohl es größer ist als bei den meisten Konkurrenzmodellen, hat mein Helm nicht reingepasst. Es ist aber während der Fahrt schön warm, weil es über dem Motor liegt.
Tank: Nach 4 Litern hat die Tankanzeige „Leer“ angezeigt. Beim Volltanken sind immer einige Spritzer daneben gegangen.
Verbrauch: 2,3 bis 3 Liter auf Hundert Kilometer.
Auspuff: Im Kollegenkreis wurde gleich gemutmaßt, das ein Sounddesigner den Auspuff mitgestaltet hat. Er kling tatsächlich besser als bei vielen anderen Modellen, hat aber für mich keinerlei Kaufentscheidungsrelevanz.
Gepäckträger: Der Gepäckträger ist bei weitem nicht so praktisch wie bei der Schwalbe. Er ist vor allem eine Montageplatte für ein Topcase. Dieses habe ich mir jedoch nie zugelegt, weil es zum einen potthässlich ist. Und das Helmfach ausreichend war.
Luftfilter: Wer ist auf die Idee gekommen, den Luftfilter unten, hinten rechts zu positionieren? Das konnte man vor 50 Jahren schon besser. In gewisser weise hebt die Positionierung die Vorteile des geschlossenen Riementriebs wieder ein Stück weit auf.
Wartungsintervalle: Alle 4000km ist eine Wartung notwendig. Diese Kostet 120 bis 200 Euro. Mal ehrlich, da kostet ja auch die Wartung eines größeren Motorrades nicht mehr. Das ist ein ganz klarer Minuspunkt.
Tachowelle: Da ist für meinen Geschmack zuviel Fett raus gekommen. Die Fertigungstoleranzen hatte man vor 40 Jahren schon besser im Griff.
Quallität: Der Roller ist immer zuverlässig gefahren. Nur zweimal wollte er nach einer langen Regenfahrt nicht sofort anspringen. Das hatte sich dann aber nach zwei bis drei Starts wieder gegeben. Es gab aber in gut einem Jahr 4 (!) Rückrufe. Suzuki hat scheinbar die Qualität der Fertigung in Indonesien nicht im Griff. Der letzte Brief kam als ich die Maschine bereits verkauft hatte, da soll sich jetzt der neue Eigentümer mit rumärgern. Ich bin die SV650 Probe gefahren. Sie hat mir sehr gut gefallen, aber irgendwie traue ich einem Produkt auf dem Suzuki steht, nicht mehr über den Weg.
Als ich auf meinem neuen Arbeitsweg eine Steigung mit 80 Hinaufgefahren bin, der Zeiger im Tacho sich mehr auf die 70 zubewegt hat und die Schlange hinter mir immer länger wurde, habe ich beschlossen den Roller nach über einem Jahr wieder abzustoßen. Ich finde ihn eigentlich immer noch ganz gut. Nur für meinen neuen Arbeitsweg ist er leider ungeeignet.